Aufruf

Fight Nazis! Den Aufmarsch der „Identitären“ baden gehen lassen! 

In Zeiten wie diesen, in denen rechtsextreme Parteien immer mehr Wähler:innenstimmen generieren können und ein massiver gesellschaftlicher Rechtsruck zu verzeichnen ist, mobilisieren die neofaschistischen „Identitären“ am 20.07. zu einer Demonstration in Wien. Spätestens seit den Enthüllungen des Recherchekollektivs Correctiv über ein Geheimtreffen der extremen Rechten nahe Potsdam ist Sellner und seine menschenverachtende Vorstellung von „Remigration“, also der gewaltsame Massendeportation von Menschen mit Migrationsgeschichte, in aller Munde – und er weiß diese Aufmerksamkeit für sich zu nutzen. Kein Wunder also, dass die neofaschistischen „Identitären“ für den 20. Juli erneut eine „Remigrations“-Demo in Wien ankündigen. Vor der anstehenden Nationalratswahl in Österreich geht es den Neofaschist:innen darum, Propaganda für ihre menschenverachtenden Ideen zu machen und die Straße als vorpolitischen Raum für sich in Anspruch zu nehmen. Tatkräftig unterstützt werden sie dabei von rechtsextremen bis neonazistischen Gruppen aus dem benachbarten Deutschland, Italien, der Schweiz und anderen Ländern. Denn im Windschatten des Aufstiegs von Rechtsparteien in ganz Europa sehen die „identitären“ Aktivist:innen die Gunst der Stunde gekommen eine „patriotische Wende“ einzuleiten. Dabei geht es ihnen nicht nur um parlamentarische Erfolge, sondern um einen langanhaltenden Rechtsruck in allen gesellschaftlichen Bereichen. Es sei die letzte Möglichkeit, um den „Bevölkerungsaustausch“ aufzuhalten und eine Kehrtwende zu vollziehen. Dieser völkisch-rassistischen Untergangsphantasie stellen sie die „Reconquista“ entgegen, die Rückeroberung Europas. Was genau darunter zu verstehen ist, ist nicht erst seit einem Geheimtreffen nahe Potsdam bekannt: die Abschiebung, Vertreibung und Diskriminierung von allen Menschen, die nicht in die Zigarrenschachtelwelt der Rechtsextremen passen.  

Gegen Rechtsruck und autoritäre Formierung! 

Wie weit der gesellschaftliche Rechtsruck derzeit schon vorangeschritten ist, zeigt nicht nur die Übernahme der Rhetorik der extremen Rechten bis hinein ins Parlament und vermeintlich demokratische oder zentristische Kräfte. Die FPÖ, die derzeit in den Umfragen als stimmenstärkste Partei hervorgeht, hat keine Abgrenzungsbedürfnisse zu den Neofaschist:innen, historisch geht die FPÖ sogar direkt aus der Nachfolgepartei der NSDAP hervor. Vielmehr können die „Identitären“ mittlerweile als deren aktivistische Jugendorganisation gelten, personell wie ideologisch sind diese Gruppen beinahe deckungsgleich. Und gerade das macht die Sache so gefährlich, denn es droht erneut eine Regierungsbeteiligung der FPÖ und damit der extremen Rechten in Österreich, die die autoritäre Formierung der Gesellschaft weiter befeuern wird. Dabei hat die extreme Rechte auf institutioneller Ebene ein Heimspiel: Aufgrund der Krisenerscheinungen des Kapitalismus im Weltmaßstab haben autoritäre Antworten Hochkonjunktur. Wir sehen es in den Verschärfungen der Asylgesetzgebungen und den Ausbau der tödlichen Grenzen der Festung Europa. Wir sehen es in einem rassistischen Sicherheitsdiskurs, der soziale Probleme bestimmten Kulturen zuschreibt und damit als unveränderbar darstellt, und als einzige Lösung mehr Polizei forciert. Wir sehen es in einem enormen Anstieg des Antisemitismus, dem „Gerücht über die Juden“ (Adorno), der sich quer durch alle politischen Lager vollzieht und als wahnhafte Welterklärung herhält. Wir sehen es in einer Zunahme antifeministischer und rassistischer Ideologien, die gesellschaftliche Teilhabe und Ansprüche inmitten einer verschärften Konkurrenz über erfundene aber vermeintlich natürliche „Identitäten“ die den Ausschluss und Gewalt gegen die „Anderen“ zu rechtfertigen versucht. Wir sehen es auch in einer autoritären Befriedung gesellschaftlicher Widersprüche, die sozialstaatliche Leistungen mit immer repressiveren Elementen kombiniert. Das sind für eine emanzipatorischen Linke keine rosigen Aussichten. Doch wie immer gilt es, nicht wegen der Macht der Rechtsextremisten und die des Staats, noch der eigenen Ohnmacht die eigenen Ideen einer herrschaftsfreien Gesellschaft über Bord zu werfen und auf falsche, vereinfachte Weltbilder zu setzen. Vielmehr braucht es eine gesellschaftliche Linke, die sich gegen jede Form reaktionärer Ideologien stellt, und gleichzeitig eine Perspektive jenseits der organisierten Traurigkeit des Kapitalismus entwickelt, der den meisten Menschen das Leben zur Hölle macht. Denn die herrschenden Verhältnisse sind auch ohne Nazis schon unerträglich genug und ein guter Grund, um in organisierte Rebellion überzugehen.  Antifaschismus bleibt notwendig, weil die Verlierer:innen des Kapitalismus nicht zwingend ein Interesse an dessen Überwindung haben. Das zeigt alleine schon die Reflektion des Nationalsozialismus. Aus diesem Grund wollen wir gemeinsam den Aufmarsch der „Identitären“ am 20. Juli zum Desaster machen und den am Kapitalismus offensichtlich verrückt gewordenen Freund:innen von Kultur, Nation und Religion eine praktische Abfuhr erteilen. Denn die organisierte extreme Rechte dient als Lautsprecher reaktionärer Ideologien, die ohnehin schon in der Gesellschaft verbreitet sind. Darüber hinaus braucht es aber auch eine praktische Kritik an Staat, Patriarchat und Kapital, um das frustrierende Hamsterrad des Antifaschismus verlassen zu können und der Rechten den Boden unter den Füßen zu entziehen. Denn reaktionäre Ideologien fallen nicht einfach vom Himmel sondern sind Produkte dieser menschenfeindlichen Gesellschaftsordnung, in der wir unsere Wünsche, Hoffnungen, Bedürfnisse und Begehren dem stummen Zwang der Profitmaximierung und der Lohnarbeit ständig unterordnen müssen. Doch die gute Nachricht ist: Es muss nicht so sein. Diese Gesellschaft ist von Menschen gemacht und durch uns auch veränderbar. Und ein gutes Leben für alle ist schon längst möglich, denn es ist genug für alle da. Während es der extremen Rechten darum geht, den Zustand von Herrschaft und Ausbeutung zu verewigen, geht es uns um nichts weniger als den „Verein freier Menschen“ (Marx), in der das Glück der Einzelnen die Voraussetzung für das Glück aller ist.